cf: Impala

Die von mir vorgeschlagene Scheune war nicht weg weg und während Dean noch über den Feldweg rumpelte, antwortete er nicht weniger bissig.

Der Wagen kam zum stehen und ich stieg aus und stapfte zum Kofferraum, wohin Dean auch schon unterwegs war.

"Damit das klar ist, mir ist hier überhaupt nichts zuviel! Ich will genauso wissen was hier läuft wie du, glaub mir. Und wenn wir dafür den Teufel persönlich beschwören müssen, meinetwegen." Gerade von Dean hatte ich gedacht er würde wissen, dass ich so einiges bereit war zu tun und zu riskieren, wenn es um die Leute ging die mir wichtig waren. Und auch wenn er sich oft wie ein Idiot verhielt, änderte das nichts daran, dass er zu dem kleinen Kreis gehörte für den ich ALLES riskieren würde.

"Du bist ebenso Jäger, Dean. Wäre es andersherum gewesen, erzähl mir nicht, du hättest mir keine Strafpredigt gehalten. " Auffordernd sah ich ihn an, denn ich wusste er hasste es ebenso, wenn jemand ihm Informationen vorenthielt und ihn dann ins Messer rennen ließ.

Schnaubend und immer noch ein wenig aufgebracht darüber, wie er glauben konnte ich würde mich jetzt verdrücken, nahm ich diverse Waffen und Spraydosen aus dem Kofferraum und ging damit bepackt zur Scheune rüber. "Zumal, was nutzen dir die ganzen Waffen, wenn du nur ein paar Hände zum abfeuern hast?", fragte ich ihn über die Schulter und diesmal eindeutig in einem lockeren Tonfall.

So schnell wie der Tonfall zwischen uns schärfer geworden war, genauso schnell glätteten sich die Wogen auch wieder, einfach weil es schon immer so zwischen uns gewesen war. Noch nie hatte ich auf einen einzigen Raum so viele unterschiedliche Symbole verteilt. Wände und Boden waren vollgesprüht mit Farbe und nach allem was ich wusste, hätte noch nicht mal eine besessene Maus den Weg hier herein gefunden.

Mich genau an Bobbys Anweisungen haltend, mischte ich letztlich noch den Zauber und beißender Rauch breitete sich aus, als ich am Ende alles entzündete. Doch nicht wollte passieren. Einfach nur warten zu können war ätzend und Deans Frage zerrte an meinen Nerven. Jedoch war ich zu angespannt für einen bissigen Kommentar, weswegen es bei einem Blick blieb, dem immerhin eine Entschuldigung folgte.

Als plötzlich die Wellbleche auf dem Dach der Scheune unter einem gewaltigen Wind zu klappern anfingen, griff ich mir meine Schrotflinte und stellte mich neben Dean. Was auch immer dort durch die Tür kam, keines der Symbole schien sie in irgendeiner Weise zu beeinflussen. Die Lampen über unseren Köpfen explodierten und ich zog den Kopf ein, da feine Scherben auf uns hinabregneten. Der Fremde lief uns ohne eine besondere Regung auf seinem Gesicht entgegen und das war irgendwie unheimlicher als alles andere.

Ich tauschte mit Dean einen kurzen Blick und gab dann einen Schuß auf das Ding ab. Doch der Mann ging ungerührt weiter.

Sie hatten mich gerufen, auch wenn mir völlig bewusst war, dass sie nicht wussten, wen genau sie da gerufen hatten.
In meiner menschlichen Gestalt, die mir noch immer alles andere als vertraut war, betrat ich die Scheune und ging langsam auf sie zu. Die Elektrizität der explodierten Lampen zog immer noch durch den Raum, der Wind hatte kaum nachgelassen. Es war nicht so, dass ich diese Wirkungen absichtlich provozierte. Noch immer viel es mir einfach schwer, meine Kräfte auf der Erde so einzudämmen, dass sie keinen Schaden verursachten. Im Himmel galten andere Gesetze.

Dean stand angespannt in einiger Entfernung vor mir, das Dämonenmesser fest in seiner rechten Hand, Jo neben sich, eine Schrotflinte auf mich gerichtet. Sie wartete nicht lange, dann schoss sie. Doch die Schrotkörner konnten mich nicht verletzen, sie zerfetzten nur meinen Mantel. Ich ging weiter auf die beiden zu. Es war fast niedlich, wie viele Zeichen sie versucht hatten auf der begrenzten Fläche der Hütteninnenwände unterzubringen. Und doch konnte mich keines davon aufhalten.
Ich war mittlerweile vor Dean zum Stehen gekommen, Jo seitlich in meinem Rücken. Sie war so wenig eine Gefahr für mich, dass ich das zulassen konnte.

Ich blickte Dean an. Mein Gesicht war und blieb ausdruckslos. Das einzige, was ich ihm und Jo gegenüber empfand, war vielleicht so etwas wie Mitleid. Sie waren eben nur Menschen und als solche so unfassbar ahnungslos und verletzbar. Wirklich die Schöpfung einer Laune Gottes.
„Hallo Dean,“ begann ich.
„Ich bin derjenige, der dich aus der Hölle geholt hatte,“ bemerkte ich ruhig.

Mit rasendem Herzen verfolgte ich, wie dieses Ding immer näher kam und mit einer unglaublichen Gleichgültigkeit Dean begrüßte und ihm erklärte, dass er diesen aus der Hölle geholt hätte. Soweit waren wir auch schon. Deans Frage nach dem "Wer" wurde nicht beantwortet und ich hielt die Luft an, als der Jäger ausholte und das Wundermesser in dem merkwürdigen Mann versenkte.

Es passierte ...

... NICHTS!!

Ich konnte es nicht fassen und tauschte mit Dean einen Blick, der deutlich machte das wir beide am Ende unseres Lateins angekommen waren. Auch er wirkte nun komplett ratlos und wir wussten beide, dass wir es verbockt hatten. Doch garantiert würde ich nicht kampflos sterben. Also ließ ich die nutzlose Schrotflinte achtlos zu Boden fallen und griff mir eine massive Eisenstange. Viele Wesen vertrugen Eisen nicht, oder wenigstens konnte man ihren Körper damit schaden.

Mit aller Kraft die ich hatte holte ich aus, um sie von hintem dem Typ über den Schädel zu ziehen. Doch soweit sollte es gar nicht kommen. Denn er drehte sich um und griff sich einfach meine Waffe. Einen Augenblick lang sah er mich mit diesem emotionslosen Blick an und dann hob er die Hand. Ich wollte noch zurückweichen, kam jedoch nicht weg, da er mit der anderen Hand die Stange hielt. Zwei Finger berührten mich sacht an der Stirn und im selben Moment wurde es schwarz um mich. Dass ich einfach so zu Boden sacke, bekam ich schon nicht mehr mit.

Ich spürte, wie Dean sich spannte. Er glaubte immer noch, dass er sich irgendwie verteidigen könne. Oder wahrscheinlich musste er es hoffen. Doch es war so sinnlos.
Auf seine Frage antwortete ich zunächst nicht. Ich wartete. Nicht lange.

Dean trat einen Schritt vor und rammte mir das Dämonenmesser in die Brust. Jetzt konnte ich nicht anders als zu grinsen. Glaubte er immer noch, ich wäre besiegbar wie ein Dämon? Müsste es ihn nicht bereits eines besseren belehrt haben, dass ich einfach in die Hütte hatte gehen können, völlig unberührt von den Zeichen?
Auch Jo versuchte es ein zweites Mal. Sie hatte die offensichtlich nutzlose Waffe zur Seite gelegt und eine Eisenstange ergriffen. Anscheinend hegte sie die Hoffnung, dass das Metall etwas ausrichten konnte.

Doch den Schlag konnte sie nicht mehr ganz ausführen. Langsam war es an der Zeit zu den wichtigen Dingen überzugehen. Ich griff die Eisenstange und ließ sie achtlos zu Boden fallen. Dann berührte ich sie an der Stirn. Sofort ging sie bewusstlos zu Boden. Für das, was geklärt werden musste, war die junge Frau zunächst nicht weiter von Bedeutung.
Ich wandte mich wieder Dean zu.
„Ich bin Castiel,“ beantwortete ich schließlich seine Frage.

Dean ging zu Jo und beugte sich zu ihr herab. Auch wenn er es selbst schnell sollte feststellen können, bemerkte ich, dass sie nur bewusstlos war. Denn zunächst war Dean für mich von Interesse, niemand anderes. So lautete der Auftrag.

Ich beobachtete, wie Dean wieder zu mir aufblickte. Er sah mich immer noch aggressiv, ja wütend an. Auch wenn ich nur wenige menschliche Gefühle zu deuten wusste, Wut war so universell, dass auch ich sie verstand. Ebenso wie Angst. Die Angst davor, einem Wesen gegenüber zu stehen gegen das man sich nicht wehren konnte, keine Mittel zu besitzen schien, die es besiegen konnten.
Doch ich war nicht hier um zu kämpfen. Es ging um etwas anderes. Etwas Größeres.
In einer langsamen Bewegung trat ich einen Schritt zurück. Meine Nähe würde Dean nicht zugänglicher machen für meine Worte.
Wieder hatte er gefragt, was ich bin.
„Ich bin ein Engel,“ erklärte ich ruhig, „ein Krieger Gottes.“
Dann fügte ich nach einer Pause hinzu. „Denn Gott selbst hat befohlen, dich aus der Hölle zu befreien.“

Ich hatte erwartet, dass Dean mir nicht glauben würde. Er gehörte nicht zu den Menschen, die glaubten, vertrauen zeigten, in die Ordnung der Welt. Es hatte schon fast etwas trotziges, wie er meinen Worten ihren Sinn zu nehmen versuchte. Ausgerechnet mir absprach, die Wahrheit zu sagen. Er war nur ein Mensch, was wusste er schon? So wenig.
Gerade der Mensch, glaubte zu wissen, versuchte, die Welt zu verstehen und übersah dabei seine eigene Mittelmäßigkeit, ja seine Bedeutungslosigkeit.
Aber er besaß außergewöhnlichen Mut. So auch Dean gerade vor mir. Mit einer kleinen Bewegung zweier Finger, die mir ganz offensichtlich keine Mühe bereitet hatte, hatte ich seine Begleiterin zu Boden gestreckt und was tat er? Er stand immer noch vor mir, versuchte sich, wenn auch geistig, gegen mich zu wehren.
„Warum sollte es Engel nicht geben, Dean?“ fragte ich ihn und sprach auffällig langsam. „Du weißt, dass es Dämonen gibt. Warum nicht auch Engel?“
Ich wartete einen Moment und erkannte, dass Dean seine Einstellung nicht ändern würde. Sein Misstrauen würde bleiben, wenn nicht seine Augen etwas sehen würden, dass die Grenzen dessen sprengen würde, was er bis jetzt für real gehalten hatte.
Ich trat noch einen Schritt zurück. Dann ließ ich kurz meine Flügel aufschlagen, als schwarze Schatten bewegten sie sich für einen kurzen Moment über die Wand der Hütte entlang. Ich sah wieder zu Dean.
„Es gibt Engel. Schließlich gibt es ja auch Menschen.“

Es half. Deans Gesichtsausdruck veränderte sich. Er musste einsehen, dass ich kein Dämon war und auch sonst nicht in die Kategorien, der ihm sonst bekannten Wesen zu passen schien.
„Reicht das, damit du mir glaubst?“ in meiner Stimme lag immer noch kein Vorwurf. Ich wäre auch bereit, ihm mehr von meiner wahren Gestalt zu offenbaren, auch wenn ich nicht wusste, wie viel er würde ertragen können. Menschen konnten meine wahre Gestalt nicht voll erfassen, das lag hinter der Möglichkeit ihrer Sinne.
Als er mich erneut fragte, warum ich ihn aus der Hölle befreit hatte, legte ich verwundert den Kopf etwas schief. Hatte ich ihm das nicht bereits erläutert?
„Ich hatte den Befehl erhalten, dich aus der Hölle zu befreien. Gott selbst hat es gefordert. Du wirst noch gebraucht werden, Dean. Es warten auch auf dich Aufgaben, die es zu bewältigen gilt. In der Hölle hättest du keinen Nutzen mehr gehabt.“